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Bibliografische Daten
ISBN/EAN: 9783630872919
Sprache: Deutsch
Umfang: 184 S.
Format (T/L/B): 2.2 x 22.1 x 14.3 cm
Einband: gebundenes Buch

Beschreibung

'Dieses Buch erzählt die Geschichte von Vera und István, die als ungarische Juden den Holocaust überlebten, 1956 während des Aufstands von Budapest nach Dänemark flohen und sich 1991 in Kopenhagen das Leben nahmen. Man fand sie Hand in Hand in ihrem Bett. Es ist die Geschichte einer ungewöhnlichen Liebe. Die Geschichte meiner Großeltern.' Johanna AdorjánZwei Menschen, die miteinander alt geworden sind, beschließen, sich das Leben zu nehmen. Er ist schwer krank, sie will nicht ohne ihn sein. An einem Sonntag im Herbst 1991 setzen sie ihren Plan in die Tat um. Sie bringen den Hund weg, räumen die Wohnung auf, machen die Rosen winterfest, dann sind sie bereit. Hand in Hand gehen Vera und István in den Tod, es ist das konsequente Ende einer Liebe, die die ganze übrige Welt ausschloss, sogar die eigenen Kinder.Diskret und liebevoll rekonstruiert Johanna Adorján den Tag des Selbstmordes ihrer Großeltern, die alles andere waren als ein gewöhnliches Paar. Sie siezten sich ihr ganzes Leben, rauchten Kette und sahen umwerfend aus. Und sie hatten eine Vergangenheit, über die sie nicht sprachen. Weil sie sich nicht daran erinnern wollten. Als ungarische Juden hatten sie den Holocaust überlebt, waren Kommunisten geworden und 1956 während des Budapester Aufstands außer Landes geflohen. In Dänemark fingen sie ein neues Leben an und blickten - scheinbar - nie mehr zurück.Sechzehn Jahre nach dem Tod ihrer Großeltern hat sich Johanna Adorján über das Gebot ihrer Familie hinweggesetzt: 'Davon sprechen wir nicht.' Sie hat sich auf die Suche nach den blinden Flecken im Leben ihrer Großeltern gemacht und dabei Dinge herausgefunden, die mehr mit ihr selbst zu tun haben, als sie geahnt hatte. Vor den Abgründen der europäischen Geschichte des 20. Jahrhunderts lässt sie Vera und István wieder auferstehen: ein faszinierendes Paar, verschroben elegant, unbequem, exzentrisch. Es ist die traurige und schöne Geschichte einer großen Liebe, zugleich die Suche nach der eigenen Geschichte, und dass Johanna Adorján dafür einen leichten, bisweilen sogar komischen Ton gefunden hat, ist ihre große Kunst.

Autorenportrait

Johanna Adorján, 1971 in Stockholm geboren, studierte in München Theater- und Opernregie. Seit 1995 arbeitet sie als Journalistin, seit 2001 in der Feuilleton-Redaktion der »FAS«. Ihr erstes Buch, »Eine exklusive Liebe«, ist in sechzehn Sprachen übersetzt.

Leseprobe

Am 13. Oktober 1991 brachten meine Gro?ltern sich um. Es war ein Sonntag. Eigentlich nicht der ideale Wochentag f?r Selbstmorde. An Sonntagen rufen Verwandte an, Bekannte wollen vorbeikommen, um gemeinsam mit dem Hund spazieren zu gehen, ein Montag zum Beispiel erschiene mir viel geeigneter. Aber gut, es war Sonntag, es war Oktober, ich stelle mir einen klaren Herbsttag vor, denn das Ganze ereignete sich in D?mark, in Charlottenlund, wo meine Gro?ltern wohnten, einem Vorort von Kopenhagen, in dem alle H?er einen Garten haben und man seine Nachbarn beim Vornamen nennt. Ich stelle mir vor, dass meine Gro?utter am Morgen als Erste aufwacht. Dass sie aufwacht und ihr erster Gedanke ist, dass dies der letzte Morgen ist, an dem sie aufwacht. Dass sie nie wieder aufwachen wird, nur noch einmal einschlafen. Meine Gro?utter setzt sich schnell auf, schl? die Decke zur Seite und schl?pft mit den F??n in die Stoffschuhe, die sie jeden Abend ordentlich neben dem Bett abstellt. Dann steht sie auf, eine schlanke Frau von einundsiebzig Jahren, streicht sich das Nachthemd glatt, und durchquert leise, um meinen Gro?ater nicht zu wecken, die paar Meter zur T?r.Im Flur empf?t sie schwanzwedelnd der Hund, Mitzi, eine Irish-Terrier-Dame, lieb, phlegmatisch, nicht besonders gehorsam. Meine Gro?utter kommt gut mit ihr zurecht. Sie spricht Ungarisch mit ihr. "J? kis kutya", sagt meine Gro?utter, nachdem sie die T?r zum Schlafzimmer leise hinter sich geschlossen hat, guter kleiner Hund. Sie hat einen Bass wie ein Mann. Wahrscheinlich kommt das von den vielen Zigaretten, sie raucht eigentlich pausenlos. Ich k?nnte in meiner Vorstellung von diesem Morgen noch einmal zur?ckgehen und ihr gleich nach dem Aufwachen schon eine brennende Zigarette zwischen die Finger stecken, Marke Prince Denmark, extra stark (Werbeslogan: Prince Denmark ist M?ersache). Ja, sp?stens als sie die Pantoffeln anhatte, wird sie sich eine angez?ndet haben. Es riecht also, w?end sie dem Hund im Flur ?ber den Kopf streichelt und gleichzeitig hinter sich leise die Schlafzimmert?r zuzieht, nach frischem Rauch.Etwas sp?r mischt sich zum Zigarettenrauch der Geruch von Kaffee. F?r feine Nasen auch ein Hauch "Jicky" von Guerlain. Meine Gro?utter hat einen Morgenmantel ?bergezogen, einen Kimono aus Seide, den ihr mein Vater einmal aus Japan mitgebracht hat, sie tr? ihn locker in der Taille zusammengebunden und sitzt jetzt am K?chentisch. Zwischen den Fingern der linken Hand h? sie eine brennende Zigarette. Sie hat lange, elegante Finger und h? die Zigarette ganz weit oben, nahe der Fingerkuppen, als w? eine Zigarette etwas Kostbares. Meine Gro?utter wartet darauf, dass der Kaffee endlich durchgelaufen ist. Vor ihr auf dem Tisch liegen ein F?ller und ein Block.Wer meine Gro?utter jetzt sehen w?rde, k?nnte meinen, sie langweile sich. Ihre Augenbrauen stehen so weit ?ber ihren Augen, das sie von ganz alleine aussehen wie hochgezogen, schwere Lider verleihen ihrem Gesichtsausdruck eine leicht blasierte M?digkeit. Auf Fotos aus jungen Jahren sieht meine Gro?utter ein bisschen aus wie Liz Taylor. Oder Lana Turner. Oder ein anderer Filmstar aus dieser Zeit mit dunklen langen Haaren und Wangenknochen, die wie gemei?lt wirken. Sie hat eine kurze gerade Nase und einen kleinen Mund mit geschwungener Unterlippe. Nur ihre Wimpern sind vielleicht etwas zu kurz, um perfekt zu sein, und sie zeigen gerade nach unten.Sie ist auch an ihrem letzten Tag noch eine sch?ne Frau. Ihre Haut ist vom Sommer gebr?t, ein tiefes, fast schmutziges Braun, die Wangenknochen scheinen noch h?her gerutscht zu sein. Die Haare tr? sie kinnlang gestuft. Mit den Jahren sind sie borstig wie Draht geworden, wie eine dicke, dunkelgraue Kapuze umrahmen sie ihr Gesicht. Am Morgen des 13. Oktober 1991 sitzt meine Gro?utter am K?chentisch. W?end sie darauf wartet, dass der Kaffee fertig durch die Maschine gelaufen ist, notiert sie sich auf ihren Ringblock, was zu erledigen ist. Zeitung abbestellen, schreibt sie. Rosen f?r den Winter ferti Leseprobe